Finanzielle Beteiligung nach § 6 EEG 2023
Betreiber von Windenergie- und Solaranlagen können die Kommunen am Anlagenstandort und in der näheren Umgebung finanziell beteiligen. Seit dem Jahr 2021 schafft die bundesweite Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz auch Spielräume für Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern. Hier finden Sie die Antworten auf die wichtigsten Fragen zur finanziellen Beteiligung nach § 6 EEG 2023.
Die folgende Zusammenstellung stellt den Rechtsstand überblicksartig dar und soll insbesondere kommunalen Akteuren als Orientierung dienen. Trotz gründlicher Erarbeitung der Inhalte übernehmen wir keine Haftung. Für eine Betrachtung des Einzelfalls und verbindlichen rechtlichen Rat wenden Sie sich bitte an eine Rechtsanwaltskanzlei.
Eine Schlüsselrolle für die Akzeptanz der Energiewende spielt die finanzielle Beteiligung der Kommunen an Erneuerbaren Energien-Anlagen. Auf Landesebene ist mit dem Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz M-V bereits eine Regelung geschaffen worden, mit der Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunen von Windenergieanlagen profitieren können. Einen entsprechenden gesetzlichen Rahmen für eine kommunale Beteiligung gab es bis 2021 auf Bundesebene und für den Bereich Photovoltaikfreiflächenanlagen (PV-FFA) nicht. Deshalb war eine straffreie Zuwendung von Betreibern an die Gemeinden schwierig umzusetzen.
Im EEG 2021 hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, um Zuwendungen des Betreibers an die Gemeinden zu ermöglichen. Der § 6 EEG 2023 soll eine Strafbarkeit von für die Gemeinde handelnden Amtsträgern (Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Gemeindevertreterinnen und -vertreter) und von Anlagenbetreibern wegen Korruptionsdelikten (§§ 331 bis 334 Strafgesetzbuch) vermeiden. Aus diesem Grund sind das Angebot und der Abschluss einer Vereinbarung über die Zuwendung als auch die Zahlung selbst von der Strafbarkeit ausgenommen, sofern die Vorgaben des § 6 EEG berücksichtigt werden. Um strafrechtliche Risiken zu vermeiden, ist es für die Beteiligten entscheidend, die Vorgaben des § 6 EEG strikt einzuhalten.
Nein, der Betreiber ist aus § 6 EEG 2023 nicht verpflichtet, den Kommunen eine Zuwendung anzubieten. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es aber eine Sonderregelung für die finanzielle Beteiligung von Gemeinden an Windenergieanlagen: das Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz (Bü-GembeteilG M-V). Darin ist eine finanzielle Beteiligung der Gemeinden an Windvorhaben verpflichtend vorgeschrieben. Der Betreiber kann diese Pflicht erfüllen, indem dieser den Gemeinden eine Beteiligung nach § 6 EEG 2023 anbietet. So wirken § 6 EEG 2023 und das BüGembeteilG M-V zusammen. Die wesentlichen Unterschiede der beiden Regelungen sind in der folgenden Abbildung dargestellt.
Die Zahlung darf eine Obergrenze von 0,2 Cent je Kilowattstunde nicht überschreiten. Anders gesagt: Der Betreiber kann der Kommune beispielsweise auch nur 0,1 Cent je Kilowattstunde anbieten. Es bestehen insbesondere bei Solarparks bei einer Überschreitung dieser Obergrenze strafrechtliche Risiken. Werden die Kommunen jedoch bei Windenergieanlagen nach dem BüGembeteilG M-V beteiligt, so ist eine Zuwendung oberhalb von 0,2 Cent pro Kilowattstunde möglich.
Auch wenn die Zahlung nicht unmittelbar verpflichtend ist, gibt es dennoch mehrere Gründe für Betreiber, den Kommunen eine solche Zahlung anzubieten. Für Betreiber von EEG-geförderten Anlagen besteht ein Anreiz, derartige Vereinbarungen zur Zahlung der 0,2 Cent abzuschließen. Diese können sich für geförderte Strommengen die Zuwendung vom Netzbetreiber erstatten lassen. Ein weiterer Grund ist, dass durch die finanzielle Beteiligung der Kommune die Akzeptanz vor Ort steigt.
Nur für Windenergieanlagen an Land sowie Photovoltaik-Freiflächenanlagen können Zuwendungen geleistet werden, unabhängig vom Datum der Inbetriebnahme.
Nur wenn Windenergieanlagen eine installierte Leistung von mehr als einem Megawatt aufweisen, darf eine Zahlung angeboten werden. Für den Bereich Photovoltaik gilt: Für eine Vereinbarung nach § 6 EEG 2023 kommen nur sogenannte Freiflächenanlagen in Betracht.
Die Zahlung darf sowohl für neue als auch für Bestandsanlagen gezahlt werden. Das bedeutet, dass entsprechende Zuwendungen für bereits länger im Betrieb befindliche Anlagen (sogenannte Altanlagen) vereinbart werden können. Interessierte Kommunen können dafür an den jeweiligen Betreiber herantreten. Es ist jedoch im Hinterkopf zu behalten, dass der Betreiber nicht zum Abschluss einer Vereinbarung verpflichtet ist.
Bei Windenergieprojekten können sowohl die Gemeinden am Anlagenstandort als auch die umliegenden Gemeinden beteiligt werden. Dabei sind alle Gemeinden anteilig zu berücksichtigen, deren Gebiet zumindest teilweise in einem Radius von 2,5 Kilometern um die Turmmitte der Windenergieanlage liegt. Im Ergebnis dürfen allen Gemeinden in Summe höchstens 0,2 Cent je Kilowattstunde angeboten werden.
Da Solarparks nicht weit in das Umland wirken, können nur die Kommunen eine Vereinbarung mit dem Anlagenbetreiber abschließen, auf deren Gemeindegebiet sich die entsprechende Anlage befindet.
Um eine Strafbarkeit wegen Korruptionsdelikten zu vermeiden, sollen gemeindliche Entscheidungen zu dem jeweiligen Projekt unbeeinflusst von Zuwendungen erfolgen. Bei Windenergieanlagen kann die Vereinbarung zwischen Kommune und Anlagenbetreiber zu einem beliebigen Zeitpunkt erfolgen. Bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen darf die Vereinbarung zwischen Kommune und Anlagenbetreiber keinesfalls vor Beschluss des Bebauungsplans für die Fläche zur Errichtung der Freiflächenanlage geschlossen werden. Dieser Zeitpunkt für den Vertragsschluss sollte unbedingt beachtet werden, da vorher die Strafbarkeit nach §§ 331 bis 334 Strafgesetzbuch weiterbestehen kann. Sofern der Beschluss für den Bebauungsplan erfolgt ist, kann die Vereinbarung aber vor der Erteilung einer emissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Anlage geschlossen werden.
Grundsätzlich gilt: Der Betreiber und die Gemeinde können über die Höhe der Zahlung bis zu den dargestellten Grenzen, den Zuwendungszeitraum, Zahlungstermine und weitere Modalitäten der Zuwendung frei verhandeln. Wichtig ist, die Vereinbarung in Schriftform zu schließen. Aufgrund des großen Bedarfs an rechtssicheren Vereinbarungen zwischen Kommunen und Anlagenbetreibern sind durch verschiedene Verbände Musterverträge erstellt worden:
- Für Windenergieprojekte können Mustervereinbarungen mit Erläuterungen für verschiedene Konstellationen von der Fachagentur Windenergie an Land e.V. herangezogen werden.
- Projekte aus dem Bereich der Photovoltaik können auf eine Mustervereinbarung des Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. zurückgreifen.
Die Zuwendung erfolgt ohne Zweckbindung in der Erwartung, dass die kommunalen Akteure am besten über eine gute Verwendung vor Ort entscheiden können.
Eine Schenkungssteuer fällt für die Zuwendung der Betreiber an die Gemeinden gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 15 Erbschaftssteuer- und Schenkungsgesetz wohl nicht an. Da keine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Entgelt im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vorliegt, muss für die Zuwendung wohl auch keine Umsatzsteuer entrichtet werden. Eine abschließende und verbindliche steuerliche Einordnung erfolgt durch eine Steuerberaterin oder einen Steuerberater.
Die erhaltene Zuwendung verbleibt nach bisheriger Praxis in der Gemeinde und für die kommunalen Umlagen (insb. Gewerbesteuer-, Kreis- und Amtsumlage) unberücksichtigt, da sie keine steuerliche Einnahme darstellt. Sie unterliegt daher auch nicht dem kommunalen Finanzausgleich. Ausnahmen und Besonderheiten bei der Mittelverwendung können sich insbesondere ergeben, wenn die Gemeinde in der Haushaltssicherung ist. Sprechen Sie darüber mit Ihrer Kommunalaufsicht.
Der § 6 EEG 2023 erlaubt den Betreibern von Windenergieanlagen und Solarparks, den anliegenden Kommunen bis zu 0,2 Cent je Kilowattstunde Strom als einseitige Zuwendung ohne Gegenleistung zu zahlen. Auf diesem Wege sollen die Akzeptanz vor Ort gesteigert und Strafbarkeitsrisiken ausgeschlossen werden.
Diese Zuwendungsmöglichkeit besteht sowohl für Windenergieanlagen mit einer Leistung größer als ein Megawatt als auch für Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Für beide Anlagenarten sind jedoch Unterschiede zu berücksichtigen. Diese liegen insbesondere bei dem Kreis der einbezogenen Gemeinden, der Berechnung der Höhe der Zahlung sowie dem geforderten Ablauf für den Vertragsschluss. Des Weiteren können die Kommunen bei Solarparks eine umweltverträgliche Steuerung durchsetzen.
Das Kommunalbeteiligungsmodell nach § 6 EEG 2023 kann sich positiv auf die Energiewende im ländlichen Raum auswirken und den Gemeinden Entwicklungschancen bieten.
Handout zum Download
Schulung zu § 6 EEG
Musteranschreiben für die Beteiligung nach § 6 EEG 2023 an Bestandsanlagen
Mit der Anpassung des Erneuerbaren-Energiegesetzes wurde zum 1. Januar 2023 die Möglichkeit geschaffen, Gemeinden auch an der Wertschöpfung von bereits bestehenden Windenergie- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu beteiligen. Um Gemeinden und Ämtern eine Orientierung bei der Anfrage an den jeweiligen Betreiber zugeben, hat die Landesenergie- und Klimaschutzagentur Mecklenburg-Vorpommern (LEKA MV) ein Musteranschreiben als Formulierungshilfe erstellt.
Passen Sie gern die Mustervorlage für Ihre Gemeinde individuell an und beachten Sie die Hinweise:
- Musteranschreiben nach §6 EEG bei Bestandsanlagen
- Hinweise zum Muster-Anschreiben für Altanlagen von Windpark
Interaktive Karte und Energieatlas MV als zusätzliche Unterstützung
Zusätzliche Unterstützung bietet seit kurzem die neue interaktive Karte der Fachagentur Wind und Solar, auf der die landesspezifischen Regelungen zur finanziellen Teilhabe visualisiert sind. Hier finden Kommunen schnell und unkompliziert heraus, in welcher Höhe sie zusätzliche Einnahmen aus den Windenergieanlagen in ihrem Gemeindegebiet erhalten könnten. Der ebenfalls in diesem Jahr veröffentlichte Energieatlas Mecklenburg-Vorpommern stellt zudem eine Übersicht aller Windenergieanlagen auf Gemeindeebene bereit.
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Kommunalberatung und Kommunikation
E-Mail: carla.weisse@leka-mv.de