MVs erstes Bürgerwindrad: Bütow-Zepkow damals und heute
Vor knapp zehn Jahren wurde im Windpark Bütow-Zepkow das erste Bürgerwindrad in Mecklenburg-Vorpommern errichtet. Damit begann ein neues Kapitel der Energiewende im Land. Denn hier standen die Menschen nicht nur am Rand, sondern wirkten direkt mit. Heute lohnt sich ein Blick zurück: Was machte dieses Windrad damals so besonders – und welche Rolle spielt es heute?
Von der Errichtung der ersten Anlagen bis zum Bürgerprojekt
Die Geschichte des Windparks reicht bis in die 1990er Jahre zurück, als Betreiber zunächst 32 kleinere Anlagen errichteten. Mit dem großen Erweiterungsschritt im Jahr 2016 kamen moderne Enercon E-101 hinzu. Eine dieser Anlagen übergab man an die Bürgerwindgenossenschaft Müritz eG – sie gilt als das erste Bürgerwindrad Mecklenburg-Vorpommerns. Die übrigen neuen Windräder gingen an andere Betreiber. 2019 folgten zwei weitere konventionelle Anlagen, die nicht zur Genossenschaft gehören. Inzwischen laufen Repowering-Maßnahmen, die alte Windenergieanlagen durch leistungsstärkere Anlagen ersetzen.
- MVs erstes Bürgerwindrad (c) Alterric Deutschland GmbH
- Windpark in Bütow-Zepkow (c) Alterric Deutschland GmbH
Bürgergenossenschaft als Herzstück
Die Bürgerwindgenossenschaft Müritz eG besteht seit 2015 und erhielt 2016 eine der neuen Anlagen. Diese Anlage erzeugte zwischen 2022 und 2024 durchschnittlich rund 7.000.000 Kilowattstunden. 83 Menschen aus der Region beteiligten sich schon in der Gründungsphase, Einlagen waren ab 2.500 Euro möglich. So kam eine Gesamtsumme von rund 850.000 Euro Eigenkapital zusammen, die direkt aus der Region stammte. Die Dividenden liegen zwischen ca. drei bis vier Prozent. Damit stärkte das Bürgerwindrad nicht nur die Stromerzeugung, sondern auch die Bindung der Menschen an das Projekt und die Wertschöpfung vor Ort.
Artenschutz und Technik im Einklang
Die Planer richteten sich früh an den Bedürfnissen des Natur- und Artenschutzes aus, da im Gebiet der kollisionsgefährdete Rotmilan lebt. Deshalb verschoben sie einige Standorte um bis zu einen Kilometer und reduzierten die Gesamtzahl der ursprünglich geplanten Anlagen deutlich – statt 16 flächenmäßig möglicher Anlagen errichteten sie acht.
Darüber hinaus fand 2020 ein Feldversuch für ein Antikollisionssystem an einer der Anlagen des Windparks statt. Im Rahmen des EU-LIFE-IP-Projekts ZENAPA wurde im Windpark Bütow-Zepkow das kameragestützte System IdentiFlight getestet. Dieses System besteht aus acht Weitwinkelkameras und einer hochauflösenden Stereokamera. Es erkennt geschützte Vogelarten wie den Rotmilan zuverlässig und überwacht ihre Flugrouten. Nähert sich ein Vogel einer Anlage, stoppt diese automatisch und nimmt den Betrieb erst wieder auf, wenn keine Gefahr mehr besteht.
Der Test lief insbesondere während der Brutsaison des Rotmilans und wurde von Ornithologen, Naturschutzverbänden und Fachbehörden begleitet. Ziel war es, die wissenschaftliche Anerkennung für das System zu erlangen und seine Marktreife vorzubereiten. Seit 2022 wird IdentiFlight bundesweit vertrieben. Damit hat der Windpark Bütow-Zepkow eine wichtige Rolle in der Entwicklung moderner Vogelschutztechnik übernommen.
- Test des IdentiFlight Systems im Windpark Bütow-Zepkow (c) Naturwind Schwerin GmbH
- Das IdentiFlight System an WEA 13 der Naturwind Schwerin GmbH (c) Naturwind Schwerin GmbH
Heutiger Stand des Windparks
Der Windpark Bütow-Zepkow ist über die Jahre gewachsen und entwickelt sich ständig weiter. Heute umfasst er 37 Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von rund 87,5 Megawatt. Dazu zählen 20 DeWind D4 aus den Anfangsjahren, 11 Enercon E-101 aus den Erweiterungen und bereits sechs Nordex N163, die im Zuge des Repowerings aufgestellt wurden. Gleichzeitig laufen weitere Genehmigungsverfahren, sodass sich der Bestand mittelfristig noch verändern kann.
Vorteile für Anwohner*innen und Gemeinden
Neben der Möglichkeit, über die Genossenschaft direkt zu investieren, profitieren auch die Anwohnenden und Gemeinden. In Bütow gibt es einen Windkraftbonus, der in Kooperation mit den Stadtwerken Malchow entwickelt wurde. Haushalte können einen Stromtarif wählen, der durch den Windpark vergünstigt ist und laut den Angaben des Energieversorgers rund ein Drittel der jährlichen Stromkosten einsparen kann. Beispielrechnungen gehen von etwa 500 Euro pro Jahr aus. Dank der abgeschlossenen Zuwendungsverträge zwischen vier Betreibern und vier Gemeinden, erhalten die Gemeinden Bütow, Bollewick, Fincken und Eldetal rückwirkend für das Geschäftsjahr 2024 eine freiwillige Zuwendung nach § 6 EEG in Höhe von 0,2 Cent pro tatsächlich eingespeister Kilowattstunde – ein direkter Beitrag zur kommunalen Wertschöpfung.
Teamarbeit als Schlüssel zum Erfolg
Das erste Bürgerwindrad in Mecklenburg-Vorpommern war nur möglich, weil viele Akteure eng zusammenarbeiteten. Projektentwickler, Technologiepartner, Grundstückseigentümer und die Bürgergenossenschaft zogen an einem Strang, begleitet von Gutachtern, Kommunen und Vereinen. Mitgewirkt haben unter anderem Enercon GmbH, Naturwind Schwerin GmbH, Alterric Deutschland GmbH, Elde-Wind GmbH, die Bürgerwindgenossenschaft Müritz eG, die BVVG Außenstelle Neubrandenburg, Gut Bütow, Bioenergiedörfer MV e.V. und DorfKERN. Diese Teamarbeit sorgte nicht nur für eine solide technische Umsetzung, sondern auch für Transparenz, Vertrauen und Akzeptanz in der Region.
Fazit
Das Bürgerwindrad von Bütow-Zepkow zeigt, wie Bürgerinnen und Bürger die Energiewende im Land gemeinsam gestalten. Vor knapp zehn Jahren starteten sie es als besondere Form der Beteiligung. Heute gehört es zu einem Windpark, der kontinuierlich wächst und modernisiert wird. Es bietet Bürgerinnen und Bürgern eine direkte Teilhabe und sorgt über Bonusmodelle und gesetzliche Beteiligungen für konkrete Vorteile in der Region. Möglich wurde all das durch die Zusammenarbeit vieler Akteure, die ihr Fachwissen gebündelt und gemeinsam Verantwortung übernommen haben. So steht das erste Bürgerwindrad Mecklenburg-Vorpommerns auch heute noch beispielhaft für eine nachhaltige, akzeptierte und zukunftsorientierte Energieversorgung.