Chancen für Kommunen: Unternehmerische Beteiligung an Solar- und Windparks

LEKA MV_Entdeckertour Erneuerbare Energien_Solarpark Lüttow-Valluhn_September 2022_Foto Celien Graubaum (126)

Chancen für Kommunen: Unternehmerische Beteiligung an Solar- und Windparks

In einer Zeit, in der die Bedeutung von nachhaltiger Energie und lokalem Engagement immer größer werden, stehen ehrenamtliche Bürgermeister*innen und Amtsmitarbeiter*innen vor besonderen Herausforderungen und Chancen. Eine unternehmerische Beteiligung an Energieprojekten bietet viele Vorteile, darunter die Möglichkeit, dass „etwas vor Ort bleibt“, weil die Stadt oder Gemeinde an den Gewinnen partizipieren kann und Mitbestimmungsrechte hat. Dennoch sind damit auch Herausforderungen wie das Tragen von Risiken und die Notwendigkeit, mit Vorhabenträgern zusammenzuarbeiten, verbunden.

Hier sind einige hilfreiche Tipps, wie Sie als ehrenamtliche Führungskraft oder Amtsmitarbeiter*in diese Herausforderungen meistern und die Chancen für Ihre Gemeinde optimal nutzen können:

Auswahl des richtigen Partners

Die Suche nach einem Vorhabenträger, der eine unternehmerische Partnerschaft tatsächlich eingehen will, kann schwierig sein. Das liegt daran, dass die Vorhabenträger häufig schon Verträge mit Flächeneigentümern geschlossen haben und die Kommune erst später davon erfährt. In diesem Fall können Sie den Vorhabenträger nicht selbst wählen. Dann können Sie recherchieren, ob der Vorhabenträger grundsätzlich offen für eine unternehmerische Beteiligung ist. Gehört das Unternehmen zu den Siegel-Partnern „Faire Windenergie in Thüringen“? Sind Referenzen auf der Website des Unternehmens zu finden? Welche Presseartikel gibt es über das Unternehmen? Darauf können Sie Bezug nehmen, wenn Sie das Unternehmen direkt kontaktieren und über die Möglichkeiten einer unternehmerischen Beteiligung sprechen.

Falls Ihre Stadt oder Gemeinde eigene Flächen besitzt, können Sie mit einer Angebotsplanung selbst den Projektierer und Betreiber wählen, so wie beispielsweise die Gemeinde Wöbbelin im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Der Gemeinde gehört eine kleine Fläche im Gewerbegebiet. Diese Fläche wollte längere Zeit kein Unternehmen nutzen. Doch sie eignete sich gut für eine Photovoltaik-Freiflächenanlage. Die Bürgermeisterin Viola Tonn, ihr Stellvertreter Martin Ebert und die Gemeindevertretung holten sich verschiedenste Angebote ein und entschieden sich für ein Unternehmen, das ihnen die Möglichkeit einräumte, sich auch zu einem späteren Zeitpunkt unternehmerisch am Solarpark zu beteiligen. Diese Möglichkeit sicherte sich die Gemeinde vertraglich ab (Optionsvereinbarung).

Es kann sich auch für die Gemeinde lohnen, sich mit weiteren Flächeneigentümern (z.B. Eigentümer, deren Flächen neben den eigenen liegen) zusammenzuschließen (sog. Flächenpooling). Ausführliche Informationen zum Flächenpooling erhalten Sie hier in unserer Online-Schulung.

Zuständigkeiten klären und Netzwerke nutzen

Astrid Becker (Bürgermeisterin Lübz) und Jana Guse  (Beteiligungsmanagerin Amt Eldenburg-Lübz) stellen Arbeit vor

Foto: Astrid Becker (Bürgermeisterin Stadt Lübz) und Jana Guse (Beteiligungsmanagerin Amt Eldenburg-Lübz) präsentieren beim Kommunalnetzwerk am 21.03.2024 in Lübz | © LEKA MV

Überlegen Sie, welche Ämter und Positionen innerhalb Ihrer Gemeinde oder Ihres Amtsbereichs Sie bei der Entscheidung für eine unternehmerische Beteiligung unterstützen können. Leitende Positionen mit beruflichen Erfahrungen in relevanten Bereichen können besonders wertvoll sein.

Falls Sie ein eigenes Stadtwerk oder ein anderes kommunales Unternehmen (z.B. Abfallentsorgungsunternehmen) haben, könnten diese ebenfalls Interesse an einer unternehmerischen Beteiligung haben. Vereinbaren Sie einen Termin und besprechen Sie die Interessen sowie Vor- und Nachteile. Denkbar wäre auch die Gründung eines neuen Stadtwerkes. 

Möglicherweise kann auch Ihr*e Klimaschutzmanager*in bei der Recherche unterstützen.

Es kann hilfreich sein, eine eigene Stelle im Amt zu schaffen, die sich mit den erneuerbaren Energieprojekten hauptberuflich beschäftigen kann. Das Amt Eldenburg-Lübz ist hier ein Vorreiter unter den Ämtern, weil es im Jahr 2023 eine solche Stelle geschaffen und erfolgreich besetzt hat. Auch das Amt Ludwigslust-Land hat Anfang des Jahres 2024 eine Beteiligungsmanagerin eingestellt, damit die Koordination und Verwaltung in einer Hand liegt.

Unser Tipp: Die LEKA MV bietet Kommunalnetzwerke an, damit die kommunale Familie sich untereinander austauschen kann. Beim 5. Kommunalnetzwerk Westmecklenburg in Lübz gab die Beteiligungsmanagerin vom Amt Eldenburg-Lübz Einblicke in ihre Arbeit.

 

Unternehmerische Beteiligung erfordert auch unternehmerisches Denken 

Große Projekte können einschüchternd wirken. Es ist wichtig, eine unternehmerische Denke (Mindset) zu entwickeln und sich die notwendigen Kenntnisse anzueignen, um Projekte erfolgreich zu leiten.

Ein Beispiel: Die Gemeinde Holthusen möchte sich an der „Kommunaler Windpark Westmecklenburg Gmbh & Co. KG“ beteiligen. Beteiligen heißt in dem Fall, dass die Gemeinde Kommanditanteile erwirbt.

Die Kommanditgesellschaft (KG) ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Gesellschaftern, die einen gemeinsamen Zweck unter einer gemeinschaftlichen Firma verfolgen, wobei der eine Gesellschafter (Komplementär) persönlich und unbeschränkt und der andere Gesellschafter (Kommanditist) mit seiner im Gesellschaftsvertrag bestimmten Einlage haftet (siehe dazu § 161 Abs. 1 Handelsgesetzbuch).

Für 828.198 € kann Holthusen einen Teilkommanditanteil (6,25 %) erwerben. Zu diesem Kaufpreis kommt noch eine Bareinlage in Höhe von 122.125 € hinzu. Im Idealfall ist dieser Anteil bei einer erwarteten Rendite von 8 % nach circa elf Jahren und im schlechtesten Falle nach rund 16,5 Jahren abbezahlt.

Rechtliche Rahmenbedingungen beachten

Foto: Marko Schilling berichtet dem NDR Fernsehen von der unternehmerischen Beteiligung | Foto: Celien Graubaum

Foto: Marko Schilling (Bürgermeister Lüttow-Valluhn) berichtet dem NDR Fernsehen von der unternehmerischen Beteiligung | © Celien Graubaum

Achten Sie darauf, dass Ihre Investitionen den rechtlichen Vorgaben entsprechen und dass Verträge so gestaltet sind, dass sie von den Kommunalaufsichten genehmigt werden. Dabei ist vor allem § 68 [Zulässigkeit wirtschaftlicher Unternehmen und Einrichtungen] der Kommunalverfassung MV zu beachten. Welche kommunalwirtschaftliche Betätigung im Bereich der erneuerbaren Energien darunter fällt und was dabei zu beachten ist, können Sie in einem Rundschreiben vom Innenministerium nachlesen (auf Anfrage bei der LEKA-Kommunalberatung).

Voraussetzungen zur unternehmerischen Beteiligung ist beispielsweise eine GmbH-Satzung sowie eine Abwägungsmatrix und ein dazugehöriger Abwägungsbericht zur wirtschaftlichen Betätigung. Freundlicherweise wurden uns diese beiden Dokumente von anderen Kommunen zur Verfügung gestellt. Gerne übersenden wir Ihnen diese Dokumente auf Anfrage bei der LEKA-Kommunalberatung.

Finanzielle Möglichkeiten realistisch einschätzen

Die finanzielle Beteiligung muss zur Haushaltssituation der Gemeinde passen. Es ist wichtig, die Höhe der Anteile und die damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen sorgfältig zu prüfen.

Die Höhe der Anteile ist von Projekt zu Projekt verschieden. So konnte eine Gemeinde bereits für 5.500 € Anteile an einem Windpark kaufen, in anderen Amtsbereichen lag der Gemeindeanteil ebenfalls für Windenergieanlagen zwischen 355.000 € und 950.000 €. Eine Genehmigung hoher Anteile durch die Kommunalaufsicht ist insbesondere dann möglich, wenn gemeindeeigene Flächen vorhanden sind und Sie dafür gute Pachten erhalten. Mit diesen Pachteinnahmen können die Anteile finanziert werden.

Auch finanzschwache Kommunen können grundsätzlich investieren, wenn die Beteiligung an einer Projektgesellschaft langfristig dazu geeignet ist, die dauernde Leistungsfähigkeit wieder herzustellen (durch die Rendite). Abhängig von den Konditionen einer Bank und der individuellen Haushaltslage der Gemeinde oder Stadt, kann sich die Aufnahme von Krediten lohnen. Sprechen Sie am besten mit Ihrer Bank.

Risiken einer unternehmerischen Beteiligung verstehen und minimieren

Es ist wichtig, risikominimierende Maßnahmen zu ergreifen. Einen Totalausfall können beispielsweise gute Versicherungen, ein Wachschutz oder die Schulung der örtlichen Feuerwehr verhindern. So können Sie den Solar- oder Windpark, an dem sich die Gemeinde beteiligt, gegen Diebstahl, Brand oder andere Risiken absichern. Kommt es zu Abschaltungen wegen einer Netzüberlastung, werden bei Windenergieanlagen den Betreibern die theoretisch erzeugten Strommengen erstattet (fiktive Strommengen).

Aber auch die langjährige Erfahrung von den Betreibern des Solar- oder Windparks kann das Risiko von Ausfällen minimieren.

Weitere Praxisbeispiele aus M-V

  • Die Stadt Dassow hat sich am Windpark Schönberg mit 60.000 € beteiligt. Diese Summe stammt aus einem Verkauf eines Grundstücks, deshalb musste die Stadt keinen Kredit aufnehmen. Schauen Sie sich dieses Video dazu an.
  • Die Gemeinde Lüttow-Valluhn ist am 14 Megawatt Solarpark an der A24 beteiligt. 
  • Vier Gemeinden aus dem Amtsbereich Eldenburg-Lübz sind dabei, sich gemeinsam an einem Windpark zu beteiligen.
  • Vier berechtigte Gemeinden haben sich auch am Energiepark Redlin GmbH & Co. KG mit je 2 % der Gesellschaftsanteile beteiligt.
  • Die Gemeinde Dreetz im Amtsbereich Bützow-Land will die Infrastrukturgesellschaft Dreetz mbH gründen, um sich künftig an anderen Projekten anderer Gesellschaften beteiligen zu können.

Fazit

Kommunen haben die Chance, sich unternehmerisch an Solar- und Windparks zu beteiligen, was lokale Mitbestimmung und finanzielle Vorteile bietet. Die Herausforderungen liegen in der Auswahl geeigneter Partner, dem Umgang mit Risiken und der Sicherstellung rechtlicher Rahmenbedingungen. Wichtig sind die Klärung von Zuständigkeiten, die Nutzung kommunaler Netzwerke und eine realistische Einschätzung der finanziellen Möglichkeiten. Praxisbeispiele aus Mecklenburg-Vorpommern zeigen erfolgreiche und geplante kommunale Beteiligungen.

 

Quellen und weiterführende Links:

 

 

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