Kommunalnetzwerk Westmecklenburg

Carla Fee Weisse begrüßt die Teilnehmer des Kommunalnetzwerkes Westmecklenburg. Die Teilnehmer haben aus erster Hand Vieles zum Thema kommunale Teilhabe an der Energiewende und zu lokalen Klimafonds erfahren.

LEKA MV-Kommunalnetzwerk traf sich in Kalsow

Kommunale Beteilung und lokale Klimafonds

Nachdem das letzte kommunale Netzwerktreffen der LEKA MV für die Region Westmecklenburg in Sukow stattgefunden hatte, ging es am 15. März 2023 nach Kalsow, einem kleinen Ortsteil der Gemeinde Benz bei Wismar. Der Bürgermeister der Gemeinde, Dietmar Hocke, betreibt hier neben seiner Landwirtschaft mehrere Windenergieanlagen, eine Biogasanlage mit Nahwärmenetz und plant einen Solarpark entlang der Bahnschienen im Ort. Damit war die Gastgebergemeinde der ideale Ort, um über finanzielle Beteiligung von Kommunen an der Energiewende ins Gespräch zu kommen. 

An der ausgebuchten Veranstaltung nahmen über 20 Bürgermeister/innen, Gemeindevertreter/innen und Amtsmitarbeiter/innen aus Westmecklenburg teil.

Praxisbeispiel Kalsow: Bürgermeister überzeugt 

Benz profitiert schon länger von erneuerbaren Energien. Im Windpark im Eignungsgebiet Rohlstof/Kartlow stehen acht Windenergieanlagen auf Gemeindeterritorium. Sie wurden zwischen 2005 und 2012 errichtet, haben eine Leistung zwischen 1,5 bis 2,3 Megawatt und eine Anlagenhöhe von bis zu 150 Metern. Der Gemeindehaushalt profitiert finanziell von Pachteinnahmen (ca. 30.000€ pro Jahr), Gewerbesteuereinnahmen (ca. 60.000 € pro Jahr) sowie von Leitungs- und Wegerechten (ca. 5.000 € pro Jahr). Die Wege, die zur Errichtung der Anlagen geschaffen worden sind, dienen Einwohnern als Spazierwege und erleichtern Landwirten die Zufahrt zu den Feldern. Durch die Einnahmen konnte in die Gemeinde investiert werden: Altersgerechtes Wohnen, eine Demenz-WG und die Sanierung des Gutshauses sind nur einige Ergebnisse der Windenergie im Ort und damit ein gutes Beispiel für kommunale Beteiligung. Auch ökologisch hat sich aufgrund der Ausgleichsflächen einiges getan, beispielsweise sind eine Streuobstwiese und Feldhecken entstanden.

Die vor Ort produzierte Bioenergie ermöglicht eine bedarfsgerechte ökologische Strom- und Wärmeproduktion und versorgt kommunale Immobilien und Privathaushalte. Die Bioenergie ersetzt ca. 150.000 Liter Heizöl pro Jahr. Somit fließen die Beschaffungskosten dafür nicht aus der Gemeinde ab, sondern verbleiben in der Region.

Das aktuelle Projekt der Gemeinde ist ein Solarpark entlang der Bahntrasse Wismar-Rostock. Ziel ist es, eine ortsansässige Gesellschaft zu gründen, an der die Gemeinde mit einem Drittel beteiligt ist. Die zwei verbleibenden Anteile sind für den Landwirt und den Betreiber vorgesehen.

Unternehmerische Beteiligung von Kommunen an der Energiewende

Neben der Beteiligung nach § 6 EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz, siehe LEKA MV-Handout), können sich Kommunen auch unternehmerisch an Solarparks oder Windenergieanlagen beteiligen. Anfang 2023 ist dies bereits der Gemeinde Lüttow-Valluhn im Landkreis Ludwigslust-Parchim gelungen. Diese neu gegründete Gesellschaft verwaltet den 2022 in Betrieb genommenen Solarpark und soll perspektivisch auch Windprojekte realisieren.

Grundsätzlich gilt: Die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen im Bereich der regenerativen Energien kann nur im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit erfolgen. Dabei müssen Umfang und Ausmaß des Engagements in einem angemessenen Verhältnis zur Finanz- und Verwaltungskraft der Kommune stehen, um die kommunale Aufgabenerfüllung nicht zu gefährden (siehe § 68 KV M-V, Rundschreiben Innenministerium). In unserem Netzwerktreffen wies Dietmar Hocke darauf hin, dass dies in der Regel erfüllt ist, wenn die Anlage eine 20 Jahre garantierte EEG-Vergütung erhält.

Im Gesellschaftsvertrag muss sichergestellt werden, dass die Kommune auf die wesentlichen Angelegenheiten der Geschäftstätigkeit Einfluss nehmen kann (§ 69 Abs. 1 Nr. 4 KV M-V). Um diese Anforderungen zu erfüllen, möchte sich Kalsow mit einem Drittel beteiligen. Dietmar Hocke betonte den Vorteil: „Wir können als Kommune bei allen Entscheidungen strategischer und grundsätzlicher Art, die erhebliche Auswirkungen auf das Unternehmen selbst und auf die Gesellschafter haben können, mitentscheiden. Das heißt, ein Solarpark kann nicht einfach weiterverkauft werden. Das hat den Vorteil, dass wir auch Einfluss auf die Zahlung der Gewerbesteuer haben“ (siehe LEKA MV-Handout zur Gewerbesteuer). Die Einnahmen aus Gewerbesteuer, Pachtzahlungen, Leitungs- und Wegerechten, Renditen aus der Gesellschaftsbeteiligung oder Einnahmen aus § 6 EEG könnte die Gemeinde an die Einwohnerinnen und Einwohner unter bestimmten Voraussetzungen weitergeben (z.B. durch einen kommunalen Klimafonds).

Kommunale Klimafonds

Die Kommunalberaterinnen der LEKA MV stellten den Teilnehmern des Netzwerktreffens eine weitere Möglichkeit vor, um ihre Einwohnerinnen und Einwohner an erneuerbaren Energien zu beteiligen: einen lokalen Klimafonds. Ein lokaler Klimafonds ist ein Förderinstrument, das von der Kommune selbst aufgesetzt wird, um für die Umsetzung von Klimaprojekten vor Ort neue finanzielle Mittel bereitzustellen. Daraus ergeben sich die folgenden Vorteile:

  • Unkomplizierte Fördermittel
  • Konkrete Klimaschutzprojekte
  • Umsetzung vor Ort
  • Beteiligung verschiedenster Akteure (insbesondere Bürger, aber auch Unternehmen möglich)

Die in Deutschland (z.B. Rayerscheid) und in Mecklenburg-Vorpommern (Stralsund, Greifswald, Poppendorf) vorhandenen kommunalen Klimafonds unterscheiden sich nach Finanzierungsquelle, Trägerschaft und geförderten Projekten. Besonders interessant war dieses Projekt für die anwesende Stadt Dassow. Sie haben sich 2021 im Rahmen des Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetzes MV an einem Windpark mit 60.000 € beteiligt. Aufgrund der hohen Erträge amortisiert sich diese Investition bald und es werden Einnahmen generiert. Ein Teil dieser Einnahmen aus dem Windpark könnte mittels eines lokalen Klimafonds die Einwohnerinnen und Einwohner bei klimaschutzwirksamen Maßnahmen unterstützen.

Fazit

Am Ende der Veranstaltung haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

  • Ideen für eine gemeindliche Entwicklung mit erneuerbaren Energien,
  • Gleichgesinnte und neue Gesichter,
  • Beteiligungsmöglichkeiten 
  • die LEKA MV
  • und weitere Ansprechpartner/innen aus dem Netzwerk kennengelernt sowie
  • gegenseitiges Verständnis von Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung entwickelt.

Wenn Kommunalvertreter die Angebote der LEKA MV wahrnehmen und zugleich ihre Erfahrungen einbringen, werden alle das gemeinsame Ziel „Unser Dorf – unsere Energie: sauber, wirtschaftlich, unabhängig!“ erreichen.

Wir freuen uns schon auf das nächste Kommunalnetzwerk mit unserer kommunalen Familie!

 

Weiterführende Informationen und Quellen:

  1. Kommunale Klimafonds
    Fotoprotokoll FlipChart
    Adelphi (2022) Grundkonzepte kommunaler Klimaschutz
    Förderrichtlinie Greifswald
    Förderrichtlinie Rayerscheid (auf Anfrage)

  2. Beteiligung an Solar- und Windparks

    Handout § 6 EEG
    Handout Gewerbesteuerzerlegung
    Muster Gesellschaftsvertrag für GmbH Beteiligung (auf Anfrage)
    Abwägungsbericht Wirtschaftliche Betätigung + Abwägungsmatrix (auf Anfrage)
    Rundschreiben Innenministerium zur wirtschaftlichen Betätigung (auf Anfrage)

  3. Projektplanungstool Klima-Canvas von Stadt Land Gemeinde

 


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