Windkraftbonus in Kassow

Einwohner können von Windkraftbonus profitieren

Regionale Wertschöpfung steigern: Der Weg von Kassow zum attraktiven Windkraftbonus

In nur zwei Schritten können alle Einwohnenden der Gemeinde Kassow zum Grünstromtarif mit Strombonus wechseln und von den Windenergieanlagen vor Ort profitieren

Kommunen mit geplanten Windenergieanlagen suchen häufig nach Wegen, das Beste für ihre Region herauszuholen und gleichzeitig attraktive Angebote für die Einwohner zu schaffen. Eine Möglichkeit, die Akzeptanz von Windkraftanlagen zu erhöhen, ist die Einführung eines regionalen Stromtarifs oder eines Strombonus. Laut einer repräsentativen Studie der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) halten 78 % der Befragten vergünstigte Stromverträge für sehr oder eher wichtig. Doch wie funktioniert ein solcher regionaler Strombonus, und gibt es bereits Praxisbeispiele aus Mecklenburg-Vorpommern?

Regionaler Strombonus in Kassow

In der Gemeinde Kassow, Landkreis Rostock, wurde kürzlich eine neue Windenergieanlage im Windeignungsgebiet „Mistorf“ mit 5,7 Megawatt Leistung in Betrieb genommen. Diese Anlage ergänzt die bereits bestehenden Anlagen. Besonders ist, dass nicht nur die Gemeinde gemäß § 6 EEG profitiert, sondern auch den 320 Einwohnern ein regionaler Strombonus angeboten wird.

Wir sprachen mit Dominic Stahl von ENERTRAG, um Einblicke in die Entstehung und Umsetzung dieses Strombonus zu erhalten.

Herr Stahl, könnten Sie uns erzählen, wie die Idee für den Strombonus in Kassow entstanden ist?

Dominic Stahl: Natürlich, die Idee resultierte aus dem Wunsch, neben der Unterstützung der Gemeinden und Vereine im Umfeld unserer Anlagen auch einen Weg zu finden, durch den die Anwohnerinnen und Anwohner direkt profitieren. Zusätzlich ist uns wichtig, dass sie dafür nicht erst eigenes Geld irgendwo investieren oder anlegen müssen, um dann zu profitieren. Beides wird durch den Strombonus ermöglicht – deshalb sind wir so von der Idee überzeugt.

Um einen Strombonus anbieten zu können, braucht man Partner*innen. Haben Sie Jemanden gefunden, der bereit war, ein neues Angebot zu entwickeln?

Dominic Stahl: Ja, über die Jahre konnten wir in fast allen Regionen in Mecklenburg-Vorpommern regionale Partner*innen in Form eines Energieversorgers finden. Für das Projekt in Kassow haben wir eine Kooperation mit der Energieversorgung Vorpommern aufgebaut. In Nordwestmecklenburg arbeiten wir mit den Stadtwerken Grevesmühlen, in der Seenplatte mit den Stadtwerken Malchow und im südlichen Vorpommern mit den Stadtwerken Torgelow zusammen.

Das klingt vielversprechend. Aber was müssen die Einwohnenden tun, um von diesem Windkraftbonus zu profitieren?

Dominic Stahl: Es sind im Wesentlichen zwei Schritte erforderlich: Sie müssen einen Grünstrom-Vertrag bei der Energieversorgung Vorpommern abschließen und dann einen Antrag auf den Windkraftbonus bei ENERTRAG stellen, wobei Sie die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen angeben müssen. Beides kann unkompliziert elektronisch oder schriftlich erledigt werden. Wir sind auch oft vor Ort präsent, um Anträge entgegenzunehmen.

Können Sie uns erklären, wie der Windkraftbonus funktioniert und warum die Einwohnenden den Anbieter wechseln sollten?

Dominic Stahl: Der Windkraftbonus funktioniert wie eine jährliche Rückzahlung und führt zu günstigeren Stromkosten. Die Höhe des Bonus hängt von der Einwohnerzahl der Gemeinde, der Haushaltsgröße und der Anzahl der vor Ort von ENERTRAG betriebenen Windenergieanlagen ab. In Kassow konnten wir den Preis pro Kilowattstunde um etwa 6 Cent senken. Das kann sich über das Jahr hinweg summieren: Bei einem Einpersonenhaushalt beträgt der Bonus grob geschätzt über 100 Euro pro Jahr und bei einem Zweipersonenhaushalt sogar knapp 200 Euro. Und das Jahr für Jahr, direkt auf ihr Konto zurücküberwiesen!

Das klingt wirklich attraktiv. Wann bekommen die Einwohnerinnen und Einwohner den Strombonus?

Dominic Stahl: Die Zahlungen werden zu Beginn des Jahres für das zurückliegende Jahr, voraussichtlich im Januar, ausgezahlt, was praktisch ist, da zu dieser Zeit oft Jahresbeiträge, wie z.B. Versicherungsprämien, fällig sind.

Wie wurde der Windkraftbonus in Kassow kommuniziert und wie gut wird er von den Einwohnenden angenommen?

Dominic Stahl: Wir waren häufig direkt vor Ort präsent, etwa bei Herbst- oder Feuerwehrfesten. In der Gemeinde Kassow waren wir in den Jahren 2022 und 2023 beim Tag der Erneuerbaren Energien im April mit einem Stand am Marktplatz vertreten. Auch die Inbetriebnahme haben wir gemeinsam mit der Gemeinde und politischen Vertreter*innen gefeiert. Wir waren im Oktober beim Herbstfest mit einem Stand, gemeinsam mit der Energieversorgung Vorpommern, auf dem Marktplatz in Kassow vertreten. Bei jedem dieser Anlässe hatten wir Flyer, Informationen und Antragsformulare dabei, damit die Bürgerinnen und Bürger den Bonus direkt vor Ort beantragen konnten.

Und wie sieht es mit der Akzeptanz aus?

Dominic Stahl: Genauere Zahlen können wir für Kassow noch nicht nennen, da der Windkraftbonus in Mecklenburg-Vorpommern in dieser Form zum ersten Mal angeboten wird. In Brandenburg variieren die Inanspruchnahmen je nach Projekt, aber insgesamt zeigen unsere Erfahrungen, dass die Einwohnenden oft zögerlich sind, wenn es um den tatsächlichen Wechsel des Stromanbieters geht.

Wann können die Bürger*innen grundsätzlich einen solchen Vertrag abschließen?

Dominic Stahl: Tatsächlich können die Einwohnerinnen und Einwohner der betreffenden Standortgemeinde jederzeit auch nach Inbetriebnahme über die gesamte Betriebsdauer der Windkraftanlage(n) den Vertrag abschließen und vom Bonus profitieren. Die jährlichen Kosten für ENERTRAG sind dabei für die gesamte Laufzeit der Windkraftanlage(n) bereits einbudgetiert.

Und welche Budgetplanung haben Sie für den Strombonus insgesamt vorgenommen?

Dominic Stahl: Wir kalkulieren ca. 37.500 € pro Jahr für dieses Angebot in Kassow ein. Bei einer Betriebszeit von 20 Jahren bedeutet das 750.000 €.

Herr Stahl, wir danken Ihnen für das Gespräch! 

Fazit

Die Einführung des Windkraftbonus in Kassow zeigt, wie erneuerbare Energien sowohl die Umwelt schützen als auch finanzielle Vorteile bieten. Es ist ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung nachhaltiger Energieerzeugung auf lokaler Ebene. Wir sind gespannt, wie dieses Angebot angenommen wird und welche Maßnahmen besonders wirksam zur Förderung erneuerbarer Energien vor Ort sind.

 

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