Umgeknickte Windkraftanlage – wie Kommunen und Betreiberfirmen die Sicherheit von Windenergieanlagen erhöhen können
Ein Mitte August 2023 umgeknicktes Windrad in Dölitz bei Gnoien (Landkreis Rostock) ging durch die Medien. Zunächst brachen Teile des Flügels ab, dann knickte der Mast ab und fiel zu Boden.
Ursachen für umgeknickte Windkraftanlage
Schwere Stürme, Blitzeinschläge oder veraltete Technik können Beschädigungen an Windrädern hervorrufen. Hier handelte es sich nach Aussagen der Medien um eine Verkettung ungünstiger Ereignisse.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das wieder passiert?
Einige fragen sich nun, wie wahrscheinlich ist es, dass dies auch bei den Windrädern vor meiner Haustür passiert. Die Antwort lautet: Nicht sehr wahrscheinlich.
Windräder sind normalerweise sturmsicher. Bei Windgeschwindigkeiten ab 25 Metern pro Sekunde werden sie abgebremst und die Rotorblätter werden in Fahnenstellung gedreht, die dem Wind keine Angriffsfläche mehr bietet.
Wenn Windenergieanlagen älter als 20 Jahre sind, dann entscheidet ein Gutachten, ob die Windenergieanlage noch weiterlaufen kann. Wenn eine Anlage nachgewiesenermaßen noch in Ordnung ist, kann sie bei einer ordnungsgemäßen Wartung weiterbetrieben werden.
Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit von Windkraftanlagen
Die mittlerweile große Anzahl von Windenergieanlagen (WEA) erschwert Rettungsdiensten, Wartungstrupps etc, immer häufiger, die schadensrelevante WEA nicht aufgrund von Meldungen zu identifizieren.
Das führt dazu, dass in manchen Fällen auf umweltrelevante Schadensfälle, wie in Gnoien, oder Unfälle im WEA-Bereich nicht mehr angemessen reagiert werden kann.
Wenn der Rettungsdienst auf einen Notruf reagiert, fehlen häufig eindeutige Informationen zu Standort, Zufahrt, Nabenhöhe und Typ der WEA. Für die Rettungsdienste ist es wichtig zu wissen, wie hoch die Gondel ist. Es macht für die Wahl der erforderlichen Werkzeuge einen Unterschied, ob eine Person aus einer Gondel in 50 m oder in 100 m gerettet werden muss.
Digitale Datenbank nutzen: Windenergieanlagen-Notfall-Informationssystem
Seit über 20 Jahren können sich Betreiberfirmen freiwillig in ein sogenanntes Windenergieanlagen-Notfall-Informationssystem (WEA-NIS) eintragen lassen. Es handelt sich dabei um eine Datenbank, die ein schnelleres und einfacheres Abrufen von relevanten Daten für Rettungseinsätze an Windenergieanlagen ermöglicht. Rettungsleitstellen können über eine eindeutige Anlagenkennung den Standort, Zufahrtskarten und Anlagendaten abrufen, wenn Sach- oder Personenschäden vorkommen. Die Nutzer*innen der Datenbank sind somit insbesondere Rettungsleitstellen, Höhenrettung, Feuerwehren und -schulen, Bergwachten, Polizeidirektionen sowie Ämter für Brand und Katastrophenschutz.
WEA-NIS werden bei Windenergieanlagen an Land deutschlandweit bisher von rund 63 % Betreiberfirmen genutzt (Stand Dezember 2022). Auf Nachfrage erfuhren wir, dass in MV mit 79 % (Stand Juni 2024) überdurchschnittlich viele Windenergieanlagen darin registriert sind – die Anlage in Gnoien gehört nicht dazu.
Die Kosten für die Eintragung und die Nutzung der digitalen Datenbank sind auf der Website der Fördergesellschaft Windenergie und andere Dezentrale Energien e.V. in der Gebührenordnung zu finden (Juni 2022). Verantwortlich für den Aufbau, die Wartung und die Pflege des WEA-NIS ist die FGW e.V. In der übernehmen die Herstellerfirmen die Eingabe der WEA-Daten im WEA-NIS.
WEA-NIS wird zu DEEP
Am 1. Januar 2023 startete die Umwandlung vom WEA-Nis in DEEP. DEEP steht für Decentralized Energies Emergency Platform. Die Plattform wird voraussichtlich im September 2024 online gehen und das WEA-NIS ablösen. Die Daten werden vollständig in das neue System übernommen. Mit dieser Nachfolgeplattform werden auch alle anderen dezentralen Energieanlagen und Netzanlagen berücksichtigt. So können bald PV-Freiflächenanlagen, große PV-Aufdach-Anlagen, Biogasanlagen und Umspannwerke eingetragen werden. In Zukunft ist auch eine Erweiterung auf weitere neue Anlagentypen, wie z.B. lokale Batteriespeicheranlagen denkbar. Bis sich das Notfallsystem im Bereich Photovoltaik allerdings so etabliert hat, wie das WEA-NIS in der Windbranche, könnte allerdings noch etwas Zeit vergehen.
Was können Kommunen tun, um die Sicherheit von Windkraftanlagen zu erhöhen?
In einem OZ Artikel heißt es, dass der TÜV nach dem Zusammenbruch des Windrades in Gnoien regelmäßigere Kontrollen durch unabhängige Stellen zur Einhaltung von Sicherheitsregeln vorschlägt.
Amtsverwaltungen, die Bürgermeister*innen und auch die (örtliche) Feuerwehr sollten eine Liste aller aktuellen Windradbetreiber mit Ansprechpartnern vorliegen haben. Wie diese recherchiert werden können, zeigt unser Beiblatt zum Musteranschreiben von Altanlagenbetreibern.
Des Weiteren können Kommunen Betreiberfirmen fragen, welche Sicherheitssysteme vorhanden sind und sich bei der (örtlichen) Feuerwehr erkundigen, ob und wie diese auf Störfälle, z.B. auf einen Brand, vorbereitet wären (z.B. sind Schulungen absolviert worden?).
Fazit
Der Zusammenbruch einer Windkraftanlage in Dölitz hat die Bedeutung der Sicherheit von Windrädern hervorgehoben. Schwere Stürme und veraltete Technik können zu Schäden führen, doch die Wahrscheinlichkeit eines solchen Vorfalls bleibt gering. Windräder sind sturmsicher und bei älteren Anlagen entscheidet ein Gutachten über die Weiterbetriebsfähigkeit.
Zur Verbesserung der Sicherheit sollten Betreiberfirmen und Kommunen das Windenergieanlagen-Notfall-Informationssystems (WEA-NIS) nutzen, das wichtige Anlagendaten für Rettungseinsätze bereitstellt. Rund 63 % der Betreiberfirmen in Deutschland nutzen dieses System, in Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar 77 %. Zudem empfiehlt der TÜV regelmäßige Kontrollen durch unabhängige Stellen. Kommunen sollten außerdem aktuelle Listen der Windradbetreiber*innen führen und sicherstellen, dass Rettungsdienste auf mögliche Störfälle vorbereitet sind.
Quellen:
https://wind-fgw.de/wp-content/uploads/2023/11/31WET09_F20_1315_FGWeV.pdf (abgerufen am 25.07.2024)
https://www.wea-nis.de/ (abgerufen am 25.07.2024)
https://wind-fgw.de/aktivitaeten/deep/ (abgerufen am 25.07.2024)